Am 12.7.2023 jährt sich zum 3. Mal die Umwandlung in eine Moschee.
Offener Brief der Deutsch-Hellenischen Wirtschaftsvereinigung (DHW) an die deutsche Politik.
100 Jahre nach dem Vertrag von Lausanne (1923) möchte die Türkei der neuen multipolaren Welt beweisen, dass sie als Regionalmacht wieder da ist. Präsident Erdogans Türkei geriert sich als Nachfolgerin des alten imperialen Osmanischen Reichs und beansprucht für sich die Rolle des Wächters und Verteidigers der islamischen Welt.
In dieser Richtung war es ein starkes Signal mit großer symbolischer Bedeutung für diese erwünschte Rolle der Türkei, als Erdogan vor drei Jahren am 12. Juli 2020 ein Gesetz Atatürks aus dem Jahr 1934 außer Kraft setzte und erklärte, die Hagia Sophia in Istanbul sei ab sofort kein Museum mehr, sondern wieder eine Moschee.
Die Hagia Sophia war 532-537 von den Byzantinern als orthodoxe Kirche erbaut worden; nach der Eroberung durch die Osmanen im Jahre 1453 wurde sie zur Moschee erklärt und zum architektonischen Wunder und Vorbild für zahllose Kuppelmoscheen aber auch gleichnamigen Kirchen in aller Welt. Atatürk erkannte die Chance, mit solchen symbolischen Akten für die damals neue türkische Republik zu werben und die Weltöffentlichkeit für sich zu gewinnen. So wurde die Hagia Sophia per Beschluss des Ministerrats 1934 zu einem Museum erklärt, das zur Feier einer geteilten religiösen Vergangenheit jedermann offenstand. Damit wollte Atatürk dem Westen dokumentieren, dass die Türen der Hagia Sophia für alle offen sind.
Im Gegensatz dazu ist Präsident Erdogans Botschaft eine andere. Das kann man sehr gut an seinen Botschaften in den sozialen Netzwerken ablesen. In den in englischer und türkischer Sprache verfassten Texten auf Twitter spricht er von Inklusion und Weltoffenheit. Die Hagia-Sophia-Moschee werde … „für alle offen sein, ganz gleich, ob sie Ausländer oder Inländer, Muslime oder Nichtmuslime sind“. Die Hagia Sophia als Weltkulturerbe werde weiterhin alle umarmen, auf noch ernsthaftere und originellere Weise als zuvor. Überrascht ist allerdings wer den arabischen Text der Mitteilung auf der Webseite des Präsidialamts lesen kann. Dort liest man, das, was der wahre Hintergrund für Präsident Erdogans Maßnahme gewesen ist, nämlich „ein Vorbote der Befreiung der Al-Aqsa-Moschee“, die sich auf dem Tempelberg in Jerusalem oberhalb der Klagemauer der Juden erhebt. Die Entscheidung Präsident Erdogans – so die Mitteilung weiter – sei ein Neubeginn für die Muslime in aller Welt und „die beste Antwort auf all die abscheulichen Angriffe auf unsere Werte und Symbole in allen islamischen Regionen… Mithilfe Allahs des Allmächtigen werden wir fortschreiten und diesen gesegneten Weg gehen, ohne anzuhalten, ohne Müdigkeit oder Ermattung, sondern mit Entschlossenheit, Opferbereitschaft und Ausdauer, bis wir unser ersehntes Ziel erreichen.“ Welches dieses Ziel ist, sagt er nicht.
In der Rede zur Verkündung seiner Entscheidung erinnerte Präsident Erdogan an vier große Schlachten der arabischen bzw. türkisch-osmanischen Geschichte: „Die Wiederauferstehung der Hagia Sophia erinnert an die Höhepunkte unserer Geschichte von Badr (624, Sieg Mohammeds über die Ungläubigen aus Mekka) bis Manzikert (1071, Sieg der türkischen Seldschuken über die Byzantiner), von Nikopolis (1396, Sieg der Osmanen über Kreuzfahrer) bis Gallipoli (1915, Sieg der Türken über die Entente).“
Bei den Feierlichkeiten der Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee sahen wir das Oberhaupt der türkischen Religionsbehörde Diyanet (Dachorganisation der DITIB), Imam Ali Erbas, die Kanzel der Hagia Sophia mit einem Schwert in der Hand besteigen. Die Erklärung ist eindeutig: Zu Zeiten des osmanischen Reichs war es Tradition, die größte Kirche in einem eroberten Gebiet als Kriegserrungenschaft in eine Moschee umzuwandeln und an deren Kanzel Fahnen zu hissen und ein Schwert im Eingangsbereich aufzubewahren. Wird das Schwert in der rechten Hand gehalten bedeutet es, dass man bereit ist, es zu benutzen. Wenn man es mit der linken Hand hält, symbolisiert es den Verbündeten Sicherheit. Ali Erbas hält das Schwert in der rechten Hand und die Schwertscheide in der Linken. Das bedeutet: Wir sind sowohl für den Frieden als auch für den Krieg bereit.
Bund, Länder und Kommunen müssen klar erkennen lassen, dass sie auch drei Jahre später diese inszenierte Umwandlung des UNESCO-Weltkulturerbes Hagia Sophia von einem Museum in eine aktive Moschee und die damit verbundene provokative und feindliche Politik der türkischen Regierung und der staatlichen Diyanet grundsätzlich ablehnen. Die Botschaft an Präsident Erdogan und die türkische Regierung muss lauten: Wer Respekt vor dem Islam beansprucht, der muss auch zeigen, dass er Christentum und Judentum respektiert.
In Anbetracht obiger Fakten appellieren wir an alle politischen Parteien sowie an Bund, Länder und Kommunen, dass sie bis zur Aufhebung dieser Umwandlung des UNESCO-Weltkulturerbes Hagia Sophia
- bei jeglichen Gesprächen mit türkischen Regierungsvertretern die Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee ansprechen und ihre Ablehnung für diesen feindlichen Akt klar erkennen lassen;
- keine DITIB-Vertreter von Mitgliedern obiger Parteien bzw. Mitgliedern von Bund, Ländern und Kommunen offiziell empfangen werden;
- kein weiterer Bau einer DITIB-Moschee in Deutschland bundesweit genehmigt wird;
- keine staatliche Finanzierung – auch in Form von Förderprojekten – an die DITIB oder mit ihr verbündeten Organisationen gewährt wird;
- keine Vertreter der im Bundestag vertretenen Parteien oder andere Kommunalpolitiker an Tagen der offenen Tür oder Veranstaltungen um das Fastenbrechen der DITIB-Moscheen teilnehmen.
Köln, den 10.7.2023