Der deutsche Markt bietet drei wesentliche Vorteile für griechische Produkte

Interview mit Tryfon Kolitsopoulos, Vorsitzender der Kommission Lebensmittelhandel der DHW und Experte für Exporthandel (Try-K Business Consulting)

Tryfon Kolitsopoulos ist Wirtschaftswissenschaftler (Diplom-Volkswirt, Universität Bonn) und seit 2005 als Unternehmensberater mit Schwerpunkt Exporthandel in Bad Breisig (Deutschland) tätig. Seine Expertise umfasst die Lebensmittelindustrie, erneuerbare Energien und den Bereich B2B-Events und Messen.

In einem Interview mit der griechischen Zeitung ELLINIKI GNOMI hebt er hervor, dass deutsche Verbraucher griechische Produkte wegen ihrer hohen Qualität und besonderen Geschmacksmerkmale schätzen. Allerdings seien deutsche Konsumenten preisbewusst und erwarten ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Besonders der Vergleich mit italienischen Produkten, die Qualität zu günstigen Preisen bieten, mache es griechischen Exporteuren nicht leicht.

Warum Deutschland ein attraktiver Markt für griechische Produkte ist

Laut Kolitsopoulos bietet der deutsche Markt drei entscheidende Vorteile für griechische Lebensmittel:

               1.            Deutschland produziert keine mediterranen Produkte – Daher besteht eine hohe Abhängigkeit von Importen.

               2.            Hoher Konsum mediterraner Produkte – Die Nachfrage nach gesunden und hochwertigen Lebensmitteln aus dem Mittelmeerraum ist enorm.

               3.            Deutschland ist die stärkste Wirtschaftsmacht der EU – Das sorgt für stabile Marktbedingungen und eine hohe Kaufkraft.

Allerdings gibt es auch einen bedeutenden Nachteil: den starken Wettbewerb mit Italien, das geografisch näher an Deutschland liegt und über eine besser ausgebaute Logistik verfügt.

Veränderte Nachfrage: Von Ethno-Märkten zur breiten Konsumentenbasis

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Nachfrage nach griechischen Produkten verändert. Während früher vor allem griechische Migranten und Gastronomiebetriebe in Deutschland die Hauptabnehmer waren, gibt es heute eine breitere Zielgruppe. Immer mehr deutsche Verbraucher und in Deutschland lebende Menschen anderer Nationalitäten interessieren sich für griechische Produkte.

Herausforderungen für griechische Exporteure

Um im deutschen Einzelhandel Fuß zu fassen, müssen griechische Produkte erst die Einkaufsabteilungen der großen Handelsketten überzeugen. Die „Erfolgsformel“ für den Markteintritt sei es, deutsche Einkäufer zu gewinnen – erst dann haben Produkte eine Chance, in den Regalen großer Supermarktketten zu landen.

Besonders erfolgreich seien Produkte mit geschützter Herkunftsbezeichnung (g.g.A., g.U.), da sie ein Alleinstellungsmerkmal bieten, das Konkurrenten nicht nachahmen können. Auch Produkte, die auf traditioneller griechischer Handwerkskunst und Expertise basieren, haben gute Erfolgschancen.

Strategien für einen erfolgreichen Markteintritt

Kolitsopoulos betont, dass der Wettbewerb in Deutschland sehr intensiv sei, insbesondere durch italienische Produkte. Italien profitiert von geringen Transportkosten und schneller Logistik: Ein Transport von Modena nach Bayern dauert nur 4-5 Stunden und ist günstiger als eine Lieferung von Athen nach Thessaloniki.

Für griechische Unternehmen sei es daher entscheidend, ihre Logistik zu optimieren, um wettbewerbsfähige Preise anbieten zu können. Zudem seien schnelle Lieferzeiten (maximal zwei Wochen) eine Grundvoraussetzung für den deutschen Markt – Verzögerungen werden von deutschen Händlern nicht akzeptiert.

Weitere zentrale Erfolgsfaktoren:

               •             Internationale Zertifizierungen (z. B. IFS – International Food Standard)

               •             Korrekte Kennzeichnung und Einhaltung der deutschen und EU-Lebensmittelvorschriften

               •             Optimale Preisgestaltung trotz höherer Transportkosten im Vergleich zu Italien

Langfristige Strategie statt Gelegenheitsverkäufe

Kolitsopoulos weist darauf hin, dass viele griechische Produzenten Schwierigkeiten haben, auf Reklamationen schnell und professionell zu reagieren. Deutsche Händler erwarten im Falle von Qualitätsproblemen eine sofortige Ersatzlieferung – Verzögerungen oder Zweifel an der Reklamation können zur Beendigung der Geschäftsbeziehung führen.

Er empfiehlt griechischen Exporteuren, Deutschland als langfristigen Markt zu betrachten und strategisch zu investieren. Eine kurzfristige, opportunistische Verkaufstaktik schade eher dem Ruf griechischer Produkte. Ein durchdachtes Fünfjahresprogramm für den Export nach Deutschland sei essenziell, kombiniert mit qualifizierten Mitarbeitern, die den Markt verstehen, die deutsche Sprache sprechen und die Handelsmentalität kennen.

Hier der Link zum Interview in griechischer Sprache: https://www.elliniki-gnomi.eu/i-agora-tis-germanias-paroysiazei-tr/

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